Was heißt denn hier Neu?
Neugierige kosten ein Appetithäppchen, Stammgäste können auf einen Blick erkennen, ob einzelne Haiku, Tanka, Haiga oder Haibun von Georges oder Gabriele Hartmann neu veröffentlicht wurden, welches neue Buch der bon-say-verlag gerade herausgegeben hat, ob schon eine Rezension erstellt wurde und vieles mehr.
Allerdings ist nach spätestens drei Monaten auch das Neue nicht mehr neu genug und wird aus dieser Auflistung verschwinden.
Welche Veranstaltung man sich vormerken sollte, sehen Sie unter Termine.
Tipps:
Öfter mal reinschauen, damit Sie nichts verpassen.
Und wenn Sie gerne weitere Haiku, Tanka & Co lesen wollen, klicken Sie unter Verlag die Buchcover an. Dort sind Leseproben und Rezensionen hinterlegt. Und alle Haiga finden Sie unter Markt.
Viel Vergnügen wünscht
Gabriele Hartmann
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neu am 15. Februar 2024
ein Haiga von Gabriele Hartmann
freier Fall du weißt
die Zeit liegt – wie immer –
vor uns
doch lass uns endlich
den Ersatzschirm öffnen
erst auf einunddreissig.net; Hrsg. Dr. Tony Böhle
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neu am 15. Februar 2024
2 Tanka von Gabriele Hartmann
mein Misstrauen führt
vom Regen in die Traufe
sicherheitshalber
tausch ich die Übergangsjacke
gegen den Rettungsschirm
obwohl ich den Blick
aus dem Küchenfenster kenne
schau ich schon wieder
hinaus – immerhin trägt die
Nachbarin einen neuen Hut
erst bei einunddreissig.net; Hrsg. Dr. Tony Böhle
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neu am 15. Februar 2024
ein Haiku von Gabriele Hartmann
Konfettiregen
die Menge reckt die Hände
zum Himmel
Erst auf haiku.heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 10. Februar 2024
ein Haiku von Georges Hartmann
vergessen auf Zeit
im sich lichtenden Nebel
die alten Fragen
erst bei Reklamekasper; Hrsg. Norbert Kraas
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neu am 1. Februar 2024
ein Haiga von Georges Hartmann (Foto)
und Gabriele Hartmann (Haiku)
nach den Feiertagen
wir unterbrechen
unser Schweigen
erst bei Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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Volker Friebel schreibt auf Haiku-Heute.de vom 15. Februar 2024
„Blaue Stunde“, ich muss nachschauen und finde, das ist die Zeit kurz vor Sonnenauf- und kurz nach Sonnenuntergang, in der sich die spektrale Zusammensetzung des Lichts ändert. Grund ist der schräge und damit längere Weg durch die Ozonschicht, die die anderen Lichtspektren vermehrt absorbiert, so dass Blau übrig bleibt. Dichterisch ist die Dämmerung als Zwischenzustand besonders interessant, und Blau nicht minder, durch seine Assoziation mit Ruhe, Weite, Offenheit, aber auch mit Melancholie.
Die „blaue Stunde“ von Gabriele Hartmann versammelt ihre besten Haiku aus dem Jahr 2023. Ich blättere durch das Werk mit der praktischen Spiralbindung: 134 Seiten, je Seite ein Haiku, insgesamt habe ich 123 gezählt, denn einige Übersetzungen stehen dabei. Eine schöne Jahresernte, aus der ich gleich einige meiner Favoriten zitieren will.
Verwandtenbesuch
er schlägt einen Knick
ins Paradekissen
heftet sich
an meine Fersen – die Nacht
ein bellender Hund
ein Schwan
und seine Spur im Schlamm
wir vergeben der Welt
letzte Nacht
in ihren Wimpern
glitzern Tropfen
Mutters Gesangsbuch
abgegriffen
das Hohelied der Liebe
Krieg – das Lied in meinem Kopf will nicht enden
Artilleriefeuer in der Ferne bellt ein Fuchs
Familientreffen
die Augen der Männer
vom gleichen Blau
Platzregen
die Trauergemeinde wechselt
ihre Farbe
Eine anregende Sammlung. Natürlich, die Gefahr, dass mit den Jahren des Haiku-Schreibens sich Routinen entwickeln, besteht, ich kenne das zur Genüge von mir selbst. Vielleicht ist es die wichtigste Kunst beim Schreiben von Haiku, immer wieder neu zu beginnen, die Welt immer wieder wie zum ersten Mal zu sehen, jedenfalls immer staunen zu können. Das ist nicht einfach. Gabriele Hartmann gelingt es wohltuend häufig. Und wenn es gelingt, sind das die Texte, die stehenbleiben, die auch andere Menschen inspirieren.
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neu am 15. Januar 2024
Gabrieles neues Haiku-Buch „blaue Stunde„; 131 Haiku 2023
Rezension: Brigitte ten Brink
Gabriele Hartmann legt mit „blaue Stunde“ ihr Haiku-Jahrbuch mit 125 Haiku des Jahres 2023 vor. Wer sie kennt, weiß, dass ihn hier wieder ganz besondere Texte erwarten: tiefgründige, abgründige, nachdenkliche, humorvolle, naturverbundene. Es sind wundervolle poetische und gleichzeitig anschauliche Miniaturen aus dem Leben, dem persönlichen Erleben, aus dem Jahresablauf und den Ereignissen des vergangenen Jahres.
Auch wenn sich die „blaue Stunde“, die der Sammlung den Titel gibt, physikalisch und somit wissenschaftlich erklären lässt, birgt sie im allgemeinen Verständnis etwas Geheimnisvolles, nicht Erklärbares. Dieses besondere blaue Licht, welches wir in der Dämmerung kurz bevor es dunkel wird, wahrnehmen, lässt eine ganz eigene Stimmung aufkommen und birgt eine besondere Faszination, der sich kaum ein Mensch entziehen kann. Das titelgebende Haiku
blaue Stunde
wo unsere Gefühle
wurzeln
findet sich auf S. 61. Es beinhaltet eine wunderbare Erklärung dieses Phänomens, denn es geht in die Tiefe menschlichen Empfindens und beschreibt diesen Vorgang mit einfachen Worten.
In Gabriele Hartmanns Haiku geht es grundsätzlich um das Leben in all seinen Facetten, um das äußere und das innere Leben und Erleben und was es mit den Menschen macht. Es ist egal, welche der Seiten in dem postkartengroßen Büchlein mit Ringbindung ein Leser aufschlägt, er wird direkt in den konkreten Augenblick eines Ereignisses gezogen und das auf unterschiedlichste Art und Weise.
Räuber & Gendarm
eine Stimme
die zum Essen ruft
(S. 6)
und gleich daneben
altes Tagebuch
mit jedem Wort vertieft sich
das Brennen
(S. 7)
Auf dieser Doppelseite prallen scheinbar zwei verschiedene Welten aufeinander: Einer mehr oder weniger unbeschwerten Szene aus der Kindheit (wahrscheinlich war es lästig, aus dem Spiel herausgerissen zu werden, um zum Essen ins Haus zu kommen) wird eine Szene aus der Welt eines Erwachsenen gegenübergestellt, der in den Sog der Erinnerungen gerät. Vielleicht gehört aber das erste der beiden Haiku zu eben diesen Erinnerungen und diese Reihenfolge ist beabsichtigt. So wie das ganze Büchlein in seiner Konzeption und der Anordnung der Haiku einer Choreographie folgt, die sich durch das Jahr und die Jahreszeiten bewegt. Es beginnt mit einem Haiku zum Jahreswechsel und es endet mit zwei Haiku, die in der Zeit zwischen den Jahren angesiedelt sind.
Wintermond
wir zweifeln
und tasten
(S. 6)
Feiertage wir kalibrieren Frieden
(S. 134)
Synkopen
zwischen den Jahren
Überraschungsgäste
(S. 135)
Drei Haiku, die die Unsicherheit des gesamten Jahres 2023 widerspiegeln. Wohin steuern wir als Individuen aber auch als Mitglieder einer Gesellschaft und Bewohner einer Welt, die alles andere als friedlich ist? Und dann sind da die Leerstellen, die Momente der Überraschung, man könnte auch sagen der Überrumpelung, in denen keiner weiß, wohin Entscheidungen und Ereignisse wirklich führen, was sie bewirken werden.
Auf den Seiten dazwischen gibt es Haiku-Momente zu lesen, die berühren, erstaunen, dem Leser aus der Seele sprechen, Dinge auf den Punkt bringen, analysieren, zum Nachdenken anregen oder auch einfach „nur“ beschreiben und trotzdem vieles sagen.
herbstlicher Wind
die Kronen der Bäume
füllen sich mit Himmel
(S. 95)
Es sind Ereignisse aus dem menschlichen und zwischenmenschlichen Bereich, aus dem gesellschaftlichen und sozialen, auch aus dem politischen und immer wieder Bilder aus der Natur und aus der Wissenschaft, für die Gabriele Hartmann eine wunderbare poetische und gleichzeitig konkrete Sprache findet. Und immer wieder auch klingen philosophische und metaphysische Töne an, die ins Übersinnliche gleiten und ins Innerste dringen.
verlorene Zeit
durch zerbrochene Scheiben
tropft Glockenklang
(S. 74)
Gerne würde ich noch mein Lieblings-Haiku aus diesem Büchlein zitieren, doch ich kann mich nicht entscheiden …
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neu am 15. Januar 2024
ein Haiga von Gabriele Hartmann
Treibholz
im Strom ankert
das alte Jahr
erst: haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 15. Januar 2024
ein Haiku von Gabriele Hartmann
Wahlsonntag
der Wind scheitelt
mein Haar
erst auf haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 1. Januar 2024
1 Haiku von Gabriele Hartmann
unter Tage
dieses Leuchten
bei Schichtende
erst: Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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neu am 1. Januar 2024
1 Haga von Gabriele Hartmann
wo auch immer
wir uns trafen – war da doch
dieses Leuchten
erst: Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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neu am 15. 12. 2023
1 Haiku von Gabriele Hartmann
trockener Husten
in einem Glas gefangen
der Mond
erst haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Froebel
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neu am 1.12.2023
3 Haiku von Georges Hartmann
auf dem Bergfriedhof
versinken die Grabplatten
im fallenden Laub
Der Stein vom Bergpfad
dient heut als Briefbeschwerer
Was für ein Abstieg!
Nach der französischen Grenze
die Melodie
des Asphalts
erst Lotosblüte 2023, Hrsg. Österreichische Haiku Gesellschaft
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neu am 1. 12. 2023
2 Haibun von Gabriele Hartmann
PERSPEKTIVEN
Haibun
Der Wind vor dem Regen: kam, blies und ging. Unverrichteter Dinge – wie mir scheint.
Habe durchgeschlafen – fast, jedenfalls. Zwischendurch mal hochgeschreckt: fremde Stimmen, heiseres Lachen, Rauch in der Nachtluft. Ein Blick aus dem Fenster. Wolken: ja … Mond: nein. An ihn gedacht.
Am Morgen meine Frage: Hast du auch die Musik gehört?
Er schaut mich entgeistert an. Nein – das war ja mal ein Unwetter!
Schlaglöcher
randvoll mit Himmel
alles was bleibt
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UND DANN …
Haibun
„… flatterte das Huhn – ohne Kopf! – über den ganzen Hof.“ Mutters Augen glitzern bei ihrer Kindheitserinnerung vor Abscheu und Faszination. „Damals war Krieg.“ Es soll entschuldigend klingen. Das Tier war Großmutter zugelaufen. Ihm wurde keine Gastfreundschaft gewährt, keine Henkersmahlzeit. Es musste schnell gehen, bevor jemand es vermisste, suchte und fand. Die Axt, der Hackklotz, gestampfter Lehm, der nahe Bach: Das Blut wurde schleunigst weggespült, bevor es gerinnen konnte.
Heute bin ich sieben, etwa so alt, wie sie damals war. Sie setzt den Topf auf die Herdplatte. Wasser, Gemüse, Bohnenkraut, Liebstöckel, Salz. Legt Brennstoff nach. Sie kann gut kochen. Die dicke Suppe wird mir schmecken. Mit dem Wort „Krieg“ kann ich nichts anfangen. Mit „Huhn“ auch nicht.
„Störtebeker …“, beginnt Vater mit tragender Stimme.
„Jetzt nicht!“, unterbricht Mutter ihn und drückt ihm den leeren Kohleneimer in die Hand.
In 60 Jahren wird man unser Essen „vegan“ nennen, CO2 bepreisen und einander töten – immer noch.
geflügelte Worte
was die Geschichte
uns lehren will
erst Lotosblüte 2023, Hrsg. Österreichische Haiku Gesellschaft
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neu am 1. 12. 2023
5 Haiku von Gabriele Hartmann
Stadt meiner Kindheit
im offenen Fenster
Großmutters Lächeln
Krieg
das Lied in meinem Kopf
will nicht enden
nach dem Gewitter
die Amsel
unplugged
ein Gleitschirm
bauscht sich überm Tal
Angelus-Läuten
nah beim Grab
die gesenkten Köpfe
der Pferde
erst Lotosblüte 2023, Hrsg. Österreichische Haiku Gesellschaft
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neu am 1. 12. 2023
3 Haiku von Gabriele Hartmann
hölzerne Worte
unsere Augen suchen Halt
in der Ferne
stürmische Nacht
König und Dame verborgen
unter Laub
Mittsommer
das Bachbett füllt sich
mit Stille
Sommergras 143, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. 12. 2023
2 Tanka von Gabriele Hartmann
Pfifferlinge
Blattspinat und Wildlachs – dazu
ein Sauvignon Blanc …
„Liebe geht durch den Magen“
sagst du und servierst den Nachtisch
wie wir uns auch
drehen und wenden
es bleibt unklar
wer die Führung übernimmt
bei diesem Tango
erst haiku.de & Sommergras 143, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. 12. 2023
1 Haiga von Gabriele Hartmann
seidene Laken
du zeigst mir
dein Morgengesicht
erst Sommergras 143, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. 12. 2023
2 Tan-Renga von Rita Rosen & Gabriele Hartmann
Winter im Hof
die Kinder treten Blumen
in den Schnee
damals klebten unsere Zungen
am Laternenpfahl
RR / GH
Besuch im Heimatdorf
die Häuser kenne ich
niemand grüßt
und auch ich senke den Kopf
angesichts neuer Gräber
RR / GH
erst haiku.de & Sommergras 143, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. Dezember 2023
1 Haiga von Gabriele Hartmann
arktische Kälte
wir filzen
eine zweite Lage
erst Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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Und wo sind jetzt die all schönen Beiträge vor dem 1. Dezember 2023?
Die waren nicht mehr neu genug für NEU.
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Gabriele Hartmann