Was heißt denn hier Neu?
Neugierige kosten ein Appetithäppchen, Stammgäste können auf einen Blick erkennen, ob einzelne Haiku, Tanka, Haiga oder Haibun von Georges oder Gabriele Hartmann neu veröffentlicht wurden, welches neue Buch der bon-say-verlag gerade herausgegeben hat, ob schon eine Rezension erstellt wurde und vieles mehr.
Allerdings ist nach spätestens drei Monaten auch das Neue nicht mehr neu genug und wird aus dieser Auflistung verschwinden.
Welche Veranstaltung man sich vormerken sollte, sehen Sie unter Termine.
Tipps:
Öfter mal reinschauen, damit Sie nichts verpassen.
Und wenn Sie gerne weitere Haiku, Tanka & Co lesen wollen, klicken Sie unter Verlag die Buchcover an. Dort sind Leseproben und Rezensionen hinterlegt. Und alle Haiga finden Sie unter Markt.
Viel Vergnügen wünscht
Gabriele Hartmann
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neu am 15. September 2023
ein Haiku von Gabriele Hartmann
einsetzender Regen
die Menge entfaltet
ihre Farben
erst bei haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 1. September 2023
5 Haiku von Gabriele Hartmann
Pfingstmesse
die Hände der Bettler
mit Licht gefüllt
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tiefe Wasser
wir segeln
in die vier Winde
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laue Nacht
zuletzt verstummen
die Zikaden
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zu „laue Nacht“ schreibt Deborah Karl-Brandt:
Ein klassisches, gelungenes Haiku. In sechs Wörtern mit zwölf Silben ist alles gesagt, selbst die Zikaden sind nun still. Warum zieht mich dieses Haiku so an?
Es ist in Fragment und Phrase unterteilt, wobei das Fragment hier das Fenster ins Haiku öffnet, die Stimmung erzeugt (laue Nacht). Das Bild von Sommer entsteht vor meinen Augen, auch wenn „laue Nacht“ kein Kigo ist. Traditionell wird das Kigo meist in die erste Zeile, den ersten Vers gesetzt, um dem Leser die Stimmung und das Setting des Haiku vorzustellen.
Möchte man bei „laue Nacht“ von einem Kigo reden, dann könnte es nur als schwaches Kigo angesehen werden.
Die Phrase hingegen endet mit einem Kigo, einem starken Kigo (Zikaden), welches für den mittleren und späten Sommer steht. Das Haiku ist ein Rätsel, um seine Bedeutung zu erfassen, müssen wir bis zum Ende, bis zum Kigo, lesen.
Zuletzt verstummen also auch sie, die Zikaden. Es ist nicht mehr ihre Zeit. Ein Jahreszeitenwechsel steht vor der Tür, eine Transformation findet statt (im Verstummen der Zikaden). Das ist der Lauf der Welt. Alles ist der Veränderung unterworfen. Und auch, wenn wir jetzt noch in warmen Nächten gesellig und bei guter Laune auf den Terrassen oder unseren Balkonen sitzen mit Freunden und Familie, gehen auch diese Tage vorbei. Deshalb ermahnt uns das Haiku sanft, wir sollen sie genießen, diese leichten, guten Tage. JETZT!
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Stolpersteine
ich schultere
mein Erbe
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zu „Stolpersteine“ schreibt Deborah Karl-Brandt:
Auch in meiner Stadt findet man sie überall: Stolpersteine. Dort, wo früher jüdisches Leben zu Hause war. Als Teil meiner Stadt. Viel ist nicht geblieben: eine zerstörte Mikwe am Rheinufer, Stolpersteine und Stolperlesezeichen, wo 1933 mit den Nazis sympathisierende Studenten Bücher verbrannten.
Dieses Senryu, welches nur aus fünf wohlgesetzten Wörtern besteht, entlässt den Leser nicht aus seiner Verantwortung. In der ersten Person geschrieben, ist da von „mein(em) Erbe“ die Rede. Jahrhunderte lang war die jüdische Kultur Teil dieser Kultur, hat diese Kultur mitgeprägt und ist somit auch mein kulturelles Erbe.
Heute kann man sich fragen, wie groß es noch ist. Mehr als siebzig Jahre nach dem Holocaust ist jüdisches Leben in Deutschland zwar noch vorhanden, aber kaum mehr sichtbar. Ein schweres Erbe, das der Leser antreten muss. Es ist kaum erträglich: das Hinschauen, das Sich-Erinnern, aber es bedeutet einen Akt der Solidarität. Es geht um die Frage, was Menschlichkeit ist, was der Einzelne bereit ist mitzutragen, ob das lyrische Ich und der Leser bereit sind, Position zu beziehen und sich der Barbarei entgegenzustellen, auch wenn der Weg vielleicht ein steiniger ist.
Das lyrische Ich hat diese Entscheidung getroffen, denn es schultert aktiv sein Erbe.
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Rettungsgasse
Kondensstreifen kriechen
durchs Blau
alle erst in Sommergras 142 und auf haiku.de, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. September 2023
2 Tanka von Gabriele Hartmann
zwischen zwei Bissen
fragst du nach Salz und Pfeffer
ohne zu sehen
dass ich das kleine Schwarze
und die Perlen heut’ trage
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zu „zwischen wie Bissen“ schreibt Silvia Kempen:
Der Alltäglichkeit, zwischen zwei Bissen nach Salz und Pfeffer zu fragen, steht die Eleganz des kleinen Schwarzen und der Perlen gegenüber. Ein gelungener Gegensatz.
Laut der Psychologie neigen Menschen, die Schwarz tragen, zu Ernsthaftigkeit, sie möchten respektiert werden. Dazu kommt hier, dass mit dem Tragen des „kleinen Schwarzen“ eine Erwartung einhergeht. Ein wohl mit Sorgfalt vor- und zubereitetes Essen mit wahrscheinlich festlich gedecktem Tisch, vielleicht zu einem bestimmten Anlass. Die Perlen könnten ein Geschenk des Partners gewesen sein.
Doch der Partner würdigt weder das Essen noch das Outfit der Frau. Er verlangt nach Salz und Pfeffer und das „zwischen zwei Bissen“, also wie nebenbei. Vielleicht liest er sogar die Tageszeitung, denn er sieht sie nicht einmal.
Eine einzige Enttäuschung für die Frau. Sie wird nicht nur nicht respektiert, sie wird noch nicht einmal richtig wahrgenommen. Da passt es schon fast wieder, dass das kleine Schwarze wohl einst aus Trauerkleidung hervorgegangen ist. Das Verhalten dieses Mannes ist einfach traurig.
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unter Gerümpel
mein alter Teddy – du rollst
mit den Augen
als ich ihm Asyl gewähre
in deiner Betthälfte
alles erst in Sommergras 142 und auf haiku.de, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. September 2023
2 Haibun von Gabriele Hartmann
PERSEIDEN
War es der Vollmond? Die beiden letzten Nächte verleiteten mich – schlaflos wie ich war – vergeblich Ausschau nach Sternschnuppen zu halten. Du meintest, du hättest das kosmische Ereignis noch nie gesehen. Ich erinnere mich an laue Sommernächte mit fallenden Sternen, in denen ich mir so manches wünschte, was dann zum Glück nicht in Erfüllung ging.
War es meine Schlaflosigkeit? Tagsüber bin ich saumselig und genieße den langsameren
Rhythmus
lass einfach meinen Hut
auf …
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ENDÖD
Am tiefsten Punkt der breiten Einfahrt wartet ein alter Mann. Er trägt ei- nen schwarzen Hut mit breiter Krempe, stützt sich auf einen Krückstock. Nah der Straße eine junge Frau, zu ihren Füßen ein spielendes Kind. Sie beschirmt ihre Augen und späht in die Ferne, lauscht.
Später wird der alte Mann den Krückstock weglegen, den Hut abnehmen, die Hände falten und das Kind wird fragen „Warum weinst du, Mutter?“
Blaulicht
der Himmel verliert
seine Unschuld
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erst in Sommergras 142, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. September
ein Haiga von Gabriele Hartmann

aufziehendes Gewitter unter Buchen finden wir Zeit
erst in Sommergras 142, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 1. September 2023
ein Tan-Renga von
Michaela Kiock und Gabriele Hartmann
Mondfinsternis
unsere Hände beginnen
zu sprechen
im rankenden Efeu
erstirbt Geflüster
MK / GH
erst in Sommergras 142, Hrsg. Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.
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neu am 15. August 2023
ein Haiku von Gabriele Hartmann
Schneckenschleim
in den Anstieg kracht
die Nabenschaltung
erst: haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 1. August 2023
ein Haiga von Gabriele Hartmann

drei Tage Schweigen
dann finden wir
den Schlüssel
erst bei Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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neu am 1. August 2023
ein Tan-Ranga-Haiga von Christof Blumentrath (Foto & Vers2)
und Gabriele Hartmann (Vers 1)

du, dort am fenster
zischen erde und himmel
eine leiter
der ruf der kraniche
greift raum
GH / CB
erst bei Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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neu am 15. Juli 2023
ein Haiga von Gabriele Hartmann

gläserne Stille
er schnippt die Murmel
an der Kuhle vorbei
erst: haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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neu am 15. Juli 2023
ein Haiku von Gabriele Hartmann
gelöst
sein langes Haar im Wind
ziehende Wolken
erst: haiku-heute.de; Hrsg. Dr. Volker Friebel
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Wer Georges Hartmanns Schreibstil liebt,
sollte seine Rezensionen zu Ralph Günther Mohnnaus
„komm lass uns küssen“ Teil 1 und Teil 2 genießen
und sich ganz nebenbei von den Künstlerbüchern faszinieren lassen …
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neu am 1. Juli 2023
2 Haiga von Gabriele Hartmann

am Morgen danach – zerzaust
Gräser im Wind

Artilleriefeuer in der Ferne bellt ein Fuchs
erst bei Haiga im Focus; Hrsg. Claudia Brefeld
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Und wo sind jetzt die all schönen Beiträge vor dem 1. Juli 2023?
Die waren nicht mehr neu genug für NEU.
Tipp:
Alle veröffentlichten Haiga finden Sie unter Markt / Haiga: https://bon-say.de/haiga/
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Viel Freude beim Stöbern wünscht
Gabriele Hartmann