„Wunschträume“, Georges Hartmann, Kurztext und Haiku
handgearbeitetes Miniaturbuch mit Lesezeichen, A6, 16 Seiten, 2018
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Rezension
Rüdiger Jung
Haibun
waren noch gar nicht groß Thema im deutschen Sprachraum, da hat Georges
Hartmann bereits Kurzprosa und Haiku vereint und mit spitzer, scharfer Feder
serviert, Humor und erotisches Kribbeln inklusive. Alle entscheidenden Themen
gibt die Natur vor:
Seit Jahrtausenden
betört die Grillen-Combo
mit dem gleichen Lied.
Sie liefert dem Dichter sein Handwerkszeug:
Die Abendsonne
liegt wie Silber auf dem See.
Doch schöner bist du!
Trotz allen Schmachtens muss er sich in Geduld üben:
Wo bleibt sie denn nur?
Der schwer duftende Jasmin
zeigt erste Wirkung.
Wenn da mal nicht die Melancholie die Oberhand gewinnt!
Einsamer Playboy.
Über dein schütteres Haar
streicht nur noch der Wind.
Ohne Flachsen: Abschied, Wehmut, Verlassenheit gestaltet der gewitzte Autor,
der wahrhaft zu amüsieren versteht, nicht minder überzeugend:
Wie abgeschnitten.
Hinterm Karnevalszug
verstummt das Lachen.
Das kleine Pappschild
im Fenster des Eissalons
schimmert im Herbstlicht.
Nach Saisonende
bespielt den Minigolfplatz
ganz allein der Wind.
Müssen wir um den Autor fürchten, dass er am Ende in Melancholie versinkt?
Ganz sicher nicht! Da er doch … alle Register vom leisen Schmunzeln bis zum
lauten Auflachen zieht … in einer ebenso spannungsvollen wie inspirierenden
Einheit …
Rüdiger Jung